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26
Mär
13

BONN STOMP #37 feat. Mama Rosin & Wild Mustang

BONN STOMP ist eine Konzertserie, die in unregelmäßigen Abständen in Bonn, meist im BLA stattfindet und dem kulturellen Niveau der etwas verschlafenen Studentenstadt auf musikalischem Sektor erheblich unter die Arme greift.  Der Veranstalter versteht es auf sehr sympathische Weise sein Publikum zu locken und einen treuen Besucherstamm aufrecht zu halten. So wird schon die Ticketreservierung, persönlich mit Verweis auf die Gästeliste beantwortet. An der Abendkasse erhält man ein hübsch gestaltetes Ticket und wird sogar vom Veranstalter persönlich begrüßt. Das fühlt sich doch sofort sehr familiär an.

Gelockt hat mich als Bonn Stomp Newbie aber in erster Linie die Band des Abends, Mama Rosin. Das aus der französischsprachigen Schweiz (Genf) stammende Trio ist zwar sehr reisefreudig, jedoch war es in den letzten Jahren fast unmöglich, sie in den mittleren Breiten des Landes sehen zu können.

Dirk Geil, der Veranstalter, kommt im im perfekten Rockabilly-Stil daher und begrüßt seine Gäste am Abend des 22.03. im BLA mit charmanter Anmoderation. Den Abend eröffnet zunächst ein junger Mann aus Würzburg namens „Wild Mustang“. Schmächtig, mit nervösem Blick hinter dezenter Brille wirkt er eher wie ein scheues Pferd oder zumindest ein Physikstudent. Aber nach wenigen Takten wird klar, dass hier jemand mit einer ordentlichen Portion Selbstironie zu punkten weiß. Als One Man Band hilft ihm ein Drumcomputer aus den 60ern, er spielt eine selbstgebaute Gitarre, bedient mit deren Mechanik  etwa vier Tasten eines Keyboards und spannt bei Bedarf auch noch eine Mundharmonica vor.  Zusammen mit dem sehr leiernden, rauchigen Gesang entsteht ein Bündel aus trashigen Blues- und Countrysongs, gemixt mit einer guten Portion Garagenpunk. Der Mann hat einen recht trocken Humor und erntet dafür dicke Sympathiepunkte, musikalisch scharre ich aber nach spätestens drei Songs ungeduldig mit den Hufen in Vorfreude auf den Hauptact.

Mama Rosin spielen seit 2007 ihren bunten, absolut gelungenen Mix aus Stilrichtungen wie Cajun- und Vooodoo- Musik, Folkeinflüssen und Rock. Heute besteht das Trio aus Robin Girod (Gesang, Gitarre, Banjo), Cyril Yeterian (Akkordeon, Gitarre, Geige, Gesang) und Xavier Bray (Gesang, Mundharmonika, Schlagzeug).   Sie legen vom ersten Moment eine solch frische Energie aufs Parket, machen Laune, die ansteckend und darum Stillstehen eine Sünde ist.  Die traditionellen Wurzeln der Cajun-Musik liegen bei französischen Auswanderern, die im 18. Jahrhundert ihre Lieder zunächst nach Kanada brachten, sich später aber wegen politischer Vertreibungen in den Südstaaten, vor allem in Lousianna niederließen und den dortige Musikstil beeinflussten. Spannungsbögen aus langsam-getragenen Melodien und lospreschenden Rhythmen machen, dass das Bla nach wenigen Stücken kocht. Hinzu kommt ein markiger und mehrstimmiger Gesang, der die Stimmung und Energie weiter antreibt. Einziger Wermutstropfen sind die technischen Probleme, die das Bla wohl mit seinem  Equipment hat. Der Sound ist laut und gut, leider wird die Stimme  von Robins Gesangsmikro bei einigen Stücken sehr zerhackt wiedergegeben.

Das Publikum lässt die drei sympathischen Jungs fast nicht mehr von der Bühne und so gerät die Zugabe ausgiebig lang, gefühlt wie eine 2. Hälfte des Konzerts. Da nach 23:00Uhr der Lärmpegel runtergefahren werden muss, sollte das Konzert dann eigentlich enden. Statt dessen folgt nun aber der eigentliche Höhepunkt, denn die Band verlässt mit ihren unverstärkten Instrumenten die Bühne, wandert ins tanzende Publikum und fordert alle zum Mitsingen der Zeile „petit ca fait tout ca …“ … oder so ähnlich – aber egal, für Momente wird das Bla zu einem großen, frohen Familienfest.

Danke BONN STOMP, dass ihr diese geniale Band nach Bonn holen konntet.

Bestimmt bis zum nächsten Mal & stomp on !

29
Mai
12

Orange Blossom Special 16 – Impressionen

Hier schon mal ein paar Fotos vom Orange Blossom Special 16 in Beverungen vom 25. – 27.05.2012. Etwas mehr Text dazu folgt in Kürze …

 © A. Mönch-Tabori, Verwendung der Fotos nach Rücksprache

14
Mai
12

Tourauftakt von Daantje & _pappmaché im Subrosa Dortmund

Am 10. Mai startete Joachim Zimmermann alias Daantje & the golden handwerk seine aktuelle Tour mit 5-köpfiger Band in Dortmund. Im März war Daantje als Support für Gisbert zu Knyphausen, dem Publikumsmagnet und der guten Seele der gegenwärtigen, deutschen Songwriterszene unterwegs und konnte zum ersten Mal die musikalische Unterstützung einer Band und die Bühnenatmosphäre vor ausverkauften Hallen auskosten.
An diesem Abend im subrosa ist Daantje mit seiner Band Hauptact, Support spielen das befreundete Duo von _pappmaché alias Christoph Kohlhöfer (Gesang, Gitarre) und Steffen Nibbe (Bass), die Songs des neuen Albums „Von King Grill bis Porsche Zentrum“ vorstellen.
Die Band, die mit Daantje dessen aktuelles Album „ach“ einspielte ist ihm auch auf dieser Tour treu, die Publikumsmassen hingegen lassen wohl noch etwas auf sich warten. Bei dem vielversprechenden Programm und den Songs, die ins Ohr und mitunter die Beine gehen, hätte die sympathische Truppe allerdings gehörige Aufmerksamkeit und deutlich mehr Zuhörer verdient. Nun ja, auch ein Herr zu Knyphausen hat mal klein angefangen, wie sich manch ein Fan vielleicht erinnern mag… Die Kunst des „golden handwerks“ – mit Musik das Wagnis des modernen Wanderzirkus einzugehen – besteht wohl zu einem guten Teil aus dem langen Atem, den man braucht, um sich eine gesunde Fan-Basis zu erspielen.
So zimmern Daantje & Band erst mal weiter an ihren Songs und haben auf der aktuellen Setlist auch einiges an neuem Material anzubieten, dass nicht auf „ach“ zu hören ist. Ein guter Grund, die Konzerte auf jeden Fall zu besuchen! Auch wenn der Club Subrosa nicht unbedingt die Möglichkeiten eines ausgefeilten Sounds und höchsten 4qm Bühnenfläche bietet, sitzen die Songs perfekt. Allein bei den Ansagen gibt es leichte Konfusion, aber Perfektion ist doch im Grunde uncool, oder?
Als Neuzugang auf der Bühne kann man neben der Knyphausen-Truppe Gunnar Ennen (Zitat Daantje: “an allen Instrumenten der Welt“) und Frenzy Suhr (Bass, Gitarre) auch Dorin Daiber, den Geiger erleben, der auch bei der Studioproduktion beteiligt war. Ähnliches gilt für Utz Wellmann am Schlagzeug.
Hier kurz die Highlights aus der Setlist: Als sportliches Warm-Up startet man mit „Rampenlied“ und „BumBumRevolte“, es folgt die Schmachtschnitte „Wer du bist“. Ein neuer Song schließt an, zu dem mir das Stichwort „Unumkehrbarkeit des Lebens“ hängen blieb. Ebenso neu ist „Kiosk“, das munter rock´n rollt. “Nicht viel“ darf natürlich nicht fehlen, ebenso wie der „Herr Wisemann“, der einem so schön die Asche der verstorbenen Mutter als Ohrwurm ins Klanggedächtnis streut. Persönliches Highlight des Abends war die Kombination des neuen Songs „Kaffee“, der gnadenlos die Zeile wiederholt : „Wenn du ich suchst, ich bin am Kaffeeautomat“ (warum nur fällt mir dazu Peter Lichts „wenn ich nicht hier bin, bin ich aufm Sonnendeck“ ein?) gefolgt von der Einladung „Zum Tee zu Neerström“. Jeder glückliche Besitzer der Scheibe „ach“ weiß, wie fett das groovt und Laune macht, wenn man den Lautstärkeregler hier ordentlich aufdreht. OKAY?! Babahdabadapababaabaa …
Die Band selber scheint sich nach diesem Part so richtig warm gespielt zu haben, doch nach der „Truck-Stop Version“ (Zitat Gunnar Ennen) von „Container“ folgt abschließend schon „König“. Der Clubchef entscheidet dann aus dem Off, dass ein Song noch geht und so liefern Gunnar und Frenzy mit einem netten Duell zwischen dem klassischen Wurlitzer Piano und Bass ein feines Intro zu einem fulminanten Konzertfinale mit „Immer rot“, das soundmäßig wie inhaltlich auch in den besten Rio Reiser Zeiten Begeisterung hervorgerufen hätte.

Fazit: Nette Truppe, tolles Programm, macht Laune und gehört zur ersten Sahne der deutschen Songwriter-Szene. Hingehen, freuen und weitersagen!

Tourdaten:

do 10.05.  dortmund, subrosa

fr  11.05.  ludwigsburg, flint

 sa 12.05  tübingen, altstadt – lange kulturnacht

 so 13.05. nürnberg, k4

 mo 14.05. dresden, ostpol

 di   15.05. leipzig, substanz – biergarten

 mi  16.05. hannover, sing sing

 do  17.05 hamburg, hasenschaukel

 fr   18.05. münster, pension schmidt

 sa  19.05 bardüttingdorf, warmenau open air ( bei bielefeld )

02
Feb
12

Gisbert zu Knyphausen & Daantje and the golden handwerk im Gloria Köln

(c) A. Mönch-Tabori

15
Dez
11

Zettel auf dem Boden-Tour: Niels Frevert & Band in Köln

Am 04.November 2011 erschien Niels Freverts Album „Zettel auf dem Boden“ , das er seit dem 07.Dezember im Rahmen einer 10tägigen Tour präsentiert.  Im Vorprogramm spielt der schwedische Songwriter „The Late Call“ alias Johannes Mayer. Am 14.12. machte Niels mit Band im Kölner Club Luxor Station.

Johannes Mayer teilt  leider das ungerechte Schicksal vieler Solo-Support Acts – sein Set wird gnadenlos von den hinteren und mittleren Reihen des Kölner Publikums verquatscht. Dabei schaffen gerade seine schöne, klare Stimme, die leichte Melancholie der Songs und die durchaus dynamischen Pickings ein Bedürfnis nach Stille und Konzentration – so zumindest werden es die drei ersten Reihen der Zuhörer empfunden haben. Der aus Stockholm stammende bärtige Barde präsentiert seine Ansagen in akzentfreiem Deutsch und erinnert optisch frappierend an den Songwriter Ray Lamontagne. Immerhin schafft er es, seine Genervtheit relativ stoisch buchstäblich zu überspielen. Bei denen, die seinem Set folgen können, findet er begeisterten Zuspruch.

Als Niels Frevert mit seiner fünfköpfigen Band die Bühne betritt fällt die Begrüßung dafür umso freundlicher aus. Niels wird begleitet von Stephan Gade am Bass (auch Co-Produzent des Albums „Zettel auf dem Boden“), Tim Lorenz am Schlagzeug, Stefan Will am Keyboard, Martin Wenk (sonst bei Calexico) an Akkordeon, Trompete und Vibraphon, sowie dem Cellisten Ladislav Cinzek.
Niels spielt die ersten drei Songs sitzend auf einem eigens mitgebrachten Hocker, den reichlich Klebeband zusammen hält. „Schlangenlinien“, „Frustrationstoleranz, Herr Frevert“ und der Hit „Du kannst mich an der Ecke raus lassen“ bilden das Warm-up.
Erstaunlich klar, transparent und ausgewogen erreicht der Sound die Zuhörer, was bei der Vielzahl der Instrumente nicht selbstverständlich ist. Herr Frevert ist kein Entertainer und Freund vieler Worte. Um die Gunst des Publikums muss er aber nicht buhlen, sie ist ihm sowieso gewiss. Zu manchen Songs wie „Regenwald“ oder „Wohin hat es deine Sprache verschlagen“ fallen ein paar Sätze, die erklären, an wen diese Stücke adressiert sind. Ein paar charmante Kommunikationsversuche wie „Ihr seht gut aus!“ werden eingeflochten und erwidert, sowie die Beteuerung, sich besonders auf Köln gefreut zu haben. Die Stimmung auf der Bühne wirkt gut, gelassen, die Konzentration bleibt aber stetig beim Programm, das dort auch als „Zettel auf dem Boden“ (Setlist) liegt. Bremsende Pausen zum Stimmen der Gitarren entfallen weitestgehend, weil zwei Stage-Hands im Hintergrund wirken, die Instrumente anreichen oder auch mal eine gerissene Saite wechseln. Man hat den Eindruck, hier arbeitet ein sehr gut eingespieltes Team, das nach einigen Konzerten der Tour souverän aufeinander abgestimmt ist. Da alle Bandmitglieder auch an den Aufnahmen des Albums beteiligt waren, gelingt es, die Qualität der Arrangements (abgesehen von den Streichern, die hier meist auf das Cello reduziert wurden) ohne Einbußen oder Improvisationen auf die Bühne zu bringen.
Es ist fast zu schwierig, musikalische Höhepunkte zu benennen. Als Frevert-Newbie würde die hier Schreibende die Songs „Doppelgänger“, „Aufgewacht auf Sand“ und „Waschmaschine“ hervor heben, letzteres als Trio mit Cello, E-Piano und Niels an der Gitarre gespielt. Beim neusten Single-Hit „Ich würd dir helfen, eine Leiche zu verscharren …“ fällt das Publikum klatschend mit ein, der Song groovt und beschließt das Haupt-Set, das so natürlich nicht enden kann. Als Zugabe singt Niels zunächst solo „Eines flüchtigen Tages Treffen auf der Straße“ und ein wunderschönes „Aufgewacht auf Sand“ (Lieblingslied!) welches Martin Wenk mit schwebenden Klängen aus Vibraphon und Cellobogen begleitet. Nach dessen Ausklingen mag man fast nicht applaudieren, um die wunderbare Stimmung nicht zu zerstören.

Während der letzten Zugaben „Wann kommst du vorbei“ scheint Herr Frevert irgendwie erst richtig anzukommen, blickt in die Menge und lächelt, nimmt einzelne Zuschauer wahr. „Du bist zuhause, Niels!“ ruft jemand aus der Menge und damit scheint ein Bann gebrochen. Den folgenden Hit „Du musst zuhause sein“, der bis an die Schlagerschmerzgrenze eingängig klingt, singt das Publikum mit. Das soll leider auch schon unser Song für die Heimweg bleiben, aber es wirkt wie eine gegenseitige, abschließend herzliche Umarmung. Nach dem Motto: Wenn es am schönsten ist, soll man gehen… aber hoffentlich bis zum nächsten Konzert hier im Sektor!

© A. Mönch-Tabori, Verwendung nach Rücksprache

27
Nov
11

Blues Culture – Abi Wallenstein in der Harmonie Bonn

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Fotoimpressionen vom Konzert am 25.11.11

© Astrid Mönch-Tabori,
Verwendung nach Rücksprache

21
Jul
11

Impressionen vom 5. Kölner Schlaraffentag

16
Apr
11

Woven Hand @ Indra Hamburg

Konzertbericht siehe unten – english concert review at the bottom

© astrid mönch-tabori

Prolog

Anfang März schrieb ich einem Bekannten eine Mail. Ich hätte eine Band entdeckt, buchstäblich umwerfende Musik, die meinen kleinen musikalischen Kosmos wie ein Erdbeben erschüttert habe. Eine Woche später bebte die Erde in Japan dann wirklich. Seltsame Wortwahl, stelle ich rückblickend fest.
Und überhaupt. Wieso treffe ich auf diese Musik heute, wo die Band doch schon seit über 15 Jahren (früher 16 Horsepower) treue Fans besitzt und Kultstatus innehat, seit 5 Jahren unter dem aktuellen Namen WOVENHAND Alben produziert und im Jahrestakt durch Europa tourt? Wie oft schon hätte ich die Gelegenheit gehabt, sie in 50km Umfeld zu sehen und es hat mich nie interessiert? Wieso gerade jetzt?

An manchen Punkten im Leben trifft man auf Dinge oder Personen, die einen tieferen Sinn zu haben scheinen, auch wenn man sich der Bedeutung nicht unmittelbar bewußt ist. Die globale Apokalypse scheint anzurollen. Zunächst vor allem in Bildern von unfaßarem Leid und omnipotent entfesselter Destruktionskraft. Kräfte, die der hybriskranke Homo sapiens nicht begreifen kann/will, geschweige denn zu kontrollieren vermag. Ohnmacht, Angst, Trauer, Wut… ein Schluck aus dem Kelch, den wir alle gereicht bekommen. In gewisser Weise scheint dies hier (m)ein apokalyptischer Soundtrack dazu.

Als nicht-englisch-sprechender Hörer steht bei Wovenhand zunächst die Musik im Vordergrund und ist Auslöser der Faszination. Fesselnde, magnetische Rhythmen, hübsche, überschaubar-repetitive Melodiesequenzen, ein kosmopolitischer, epochenübergreifender musikalischer Horizont, eine kraftvolle Stimme in vielstimmingen Gesangparts. Aber Wovenhand ist nicht einfach gute Musik. Darin steckt eine dicke Packung Botschaft, mit der man sich spätestens bei Lesen der Booklets auseinander zu setzen gezwungen sieht. Denn Herzstück der Band ist David Eugene Edwards (DEE), der mit bitterem Ernst einen Auftrag verfolgt: spreading the gospel. Sein Bild vom Menschen ist kein sonderlich gutes. Seine Botschaft keine frohe. Die Menschheit ist verdorben und der Verdammnis geweiht. Er legt es uns mit all seiner stimmlichen und physischen Kraft nahe, die Botschaft der Bibel ernst zu nehmen, uns zu Jesus zu bekennen. Spätestens hier erreicht man als Hörer einen Scheideweg. Meinen nicht die meisten von uns, mit dem Kapitel (christlichem) Glauben irgendwie abgeschlossen zu haben? Wie geht man mit diesen Aussagen um? Kann man dabei mal eben locker Textzeilen mitträllern? Und wenn es nur wie ein erneutes Aufschlagen eines längst weggestellten Buches ist, hat diese Musik schon viel erreicht, finde ich. Love it or leave it!

Konzert

Das Indra ist ein kleinerer Club inmitten Hamburg St.Paulis hot spots Reeperbahn und Große Freiheit. Auf dem Weg zum Club durchquert man die Essenz der Amüsier-Gesellschaft. Eben noch über die Beine eines Obdachlosen stolpernd wird man fast vom Türsteher des nächsten Erotikkinos aufgefangen und mit Nachdruck ins Rotlicht eingeladen. Am Neonhimmel blinkt Klein-Las-Vegas. In einer Seitenstraße bestätigt die Heilsarmee „Jesus lebt“. Hier also werde ich mein erstes Mal Wovenhand erleben. Seltsam. Treffend?

Das Indra füllt sich bis 21:00 stetig, am Ende verfolgen 150-200 Hörer das Konzert. Die Bühne ist nicht hoch und nicht groß, aus der ersten Reihe könnte man David fast die Hand reichen. DEE nimmt gegen 21:20 seinen Platz ein und beginnt, kurz ins Auditorium nickend und ohne Umschweife das Programm. Tags zuvor war die Band beim Roadburn-Festival (beeindruckendes Video!) auf großer Bühne mit schönem Bühnenbild und Lichttechnik präsentiert worden. Hier fällt die Präsentation vergleichsweise bescheiden aus. Drei Lichter über der Bühne, ein einziger Spot beleuchtet David phasenweise, die begleitenden Musiker Ordy Garrison am Schlagzeug und Jeff Linsenmaier am Keybord sitzen im Halbschatten. David gibt Gas, wie man es wohl von ihm gewöhnt ist, aber er buhlt nicht um die Gunst des Publikums. Er ist sehr präsent, konzentriert, tief in seiner Musik, schuftet mit ganzen Pferdestärken. Einige Male erhebt er sich von seinem Hocker, richtet sich zu stattlicher Körpergröße auf und scheint in die hinteren Reihen des Club zu spielen. Seine Energie findet im Publikum aber nur punktuell Resonanz. Der Pegel des Befalls steigert sich zwar von Stück zu Stück, dennoch beschleicht mich der Eindruck, daß hier überwiegend konsumierende Zuschauer anwesend sind als begeisterte Fans. Ich für meinen Teil bin sehr begeistert und kann vor allem nicht still stehen. Es heißt, David schätzt es nicht, wenn Leute zu seiner Musik tanzen. Aber wie kann man sich dieser Wucht entziehen? Es kommt mir fast falsch vor, wenn dort vorne jemand schuftet wie ein Pferd und der Rest steht rein beobachtend davor. Schließlich ist dies keine Literaturlesung. Und peep-shows gibt’s ein paar Häuser weiter…

Nachdem „Winter Shaker“ verklungen ist geht die Band unter eingespielten indianischen Pow-Wow-Gesängen von der Bühne. Das Publikum stimmt jubelnd und applaudierend in die Klänge ein und nach wenigen Minuten kehren die drei zurück um „Off the Cuff“ und eine weitere Zugabe zu spielen. David erhebt sich schließlich, winkt und murmelt etwas über die Zuhörer hinweg. Nachdem sie die Bühne nun erneut verlassen, fordert ein Teil der Zuschauer zwar noch vehement nach weiteren Zugaben, doch der Clubchef beginnt bereits demonstrativ mit dem Abbau, so daß klar wird: das war´s. „Kurz und schmerzlos“ sagt jemand hinter mir. In der Tat sind die knapp eineinhalb Stunden vergangen wie gefühlte 10 Minuten.
Soweit mein erstes, aber sicher nicht letztes Wovenhand-Erlebnis!

Prologue

In early March I wrote an email to a friend, telling him I discovered a band who plays really staggering music, it had shaken my little musical cosmos like an earthquake. One week later this terribel earthquake hit Japan. In retrospect it seemed  to me a quite strange choice of words.

 But wondering in general: why did I come across this music just now, although the band has existed for nearly 15 years now, they have a considerable amount of loyal fans, and for the past 5 years have been producing amazing albums under the name WOVENHAND. They have been touring Europe on a yearly basis as well. How often could I have had the chance to see them in the next bigger town?

 There are times in life when certain things happen or you meet certain  persons, and it  seems to have a deeper sence, even if you aren´t concious of it at that time. A global apocalypse seems to be rolling up to us. First primarily in pictures of unimaginable suffering and  unleashed omnipotent destructive force. A force, that the so called homo sapiens who are sick by self-esteem can not and will not understand, or be able to control. Faint, fear, sadness, anger … just a sip from the cup that we all get served. In a special way this music seems to me my (an) apocalyptical soundtrack to the former disaster.

As a non-native –english speaking  listener the music for me is in the foreground of perception and the primary cause of fascination. The captivating rhythms, the amazing repititive melodic elements, a cosmopolitan and timeless musicial  horizon, a powerful voice in polyphonic sung parts. But Wovenhand means  not just good music. There is a big package of a serious message included, you are forced  to deal with, at least when you start reading the booklets.

Heart of he band is David Eugene Edwards, who pursues his  misson with deep seriousness:  spreading the gospel. His view of man is not a very good one. His message not happy. Humanity is corrupt and dedicated to damnation. David offers his listeners with his voice and physical power to concider seriously  the messages of the bible and to confess Jesus. At last at this point of listening you reach a crossroad. Do not most of us seem to have made up their opinion about consider christian believe? How do you deal with those statements, with words that come from a deep and passionate faith? Can you still simply lilt a song´s texts now? Even if it is just like opening a book again that you put on the shelf a long time ago this music has achieved a lot in my opinion. Love it or leave it!

 Concert

The Club Indra is a slightly smaller club in the region of Hamburgs hot spots Reeperbahn and Große Freiheit. On the way to the venue you have to walk along the essence of the pleasure-hungry-night-life-society. One moment you stumble upon the legs of a homeless, the next moment you are stopped by a doorkeeper of an erotic-cinema and he invites you emphatically to visit the red-light-shows. Looking  up into the sky full of flashing neon signs you feel like being in a tiny kind of Las Vegas. In a side street  the signature of the Salvation Army confirmes “Jesus lebt”. Well, here I´m going to see Wovenhand for the first time? Strange. Fitting?

Indra is filling up steadily up  to 21:00, at the end of the concert round about 150-200 listeners will be there. The stage is neither wide nor very elevated. People in the first row could almost shake David’s hand. DEE takes his place about 21:20, nodding briefly in the auditorium and starts  to play immediately. On the previous night  the band was presented at the Roadburn Festival ( impressive video!) on a big stage with a beautiful backgroundimage and lighting show. Today the manner of presentation is comparatively modest. Only three little, fixed lights over the scene, a single spot lightens Davids face time to time, his band members Ordy Garrison on drums  und Jeff Linsemeyer on keyboard and percussion are standing nearly in the shadow. David starts by  with full enery, the way it  might be expected from him. But he is not courting the favor of the public. He is very present, concentrated, deep in his music, with all the his „horsepower”. A few times he gets up from his stool, drew himslef to his stately height, and appears to play for the back rows of the club. His energy finds resonance in the audience, but only selectively. The level of approval increases from piece to piece, still the impression creeps to me that people here are mainly present as a consuming audience than as enthusiastic fans. What concerns me, I am very excited and above all  can not stand motionless. It is said David doesn´t appreciate the people dancing to his music. But how can you escape this enormous power of the music? It seems to me even wrong if somebody there in front is toiling hard like a horse and the rest is standing there and just watching. Finally this is no lecture of literatur. And peep-shows you may find some houses downstreet…

After “winter shaker” faded the band leaves the stage while native american pow-wow-music is played.  The crowd is cheering and applauding right into the sounds and after a few minutes the three musicians come back to play „Off the cuff“ and a further encore. David finally gets up, waves and  mutters something right over the audience. After they had left the stage once again, a part of the audience still called  for more encores vehemently, but the club owner  starts with demontage of the equipment demonstratively . So it becomes evident: that´s it. “Short and painless” somebody behind me says. Yes, indeed, this last hour and a half felt like only ten minutes had passed.

So far my first  – but for sure not my last Wovenhand experience.

 

23
Mär
11

Turbulenzen in der Ruhezone @ Köln

Die vorletzte Station der gemeinsamen Tour von Daantje & the golden handwerk und _pappmaché mit dem verheißungsvollen Titel „Turbulenzen in der Ruhezone“  fand statt in der Kölner Südstadt – weniger auf, sondern in der „Lichtung“. Ziemlich licht waren an diesem Abend die Zuschauermengen, weniger Licht gab´s auf der Podestbühne des wohnzimmerartigen Konzertraums (daher auch die bescheidenen Fotos). Zugegeben, noch nie habe ich bei einem Konzert in einem so bequemen Ledersofa gesessen. Daß jedoch das Solo-Trio-Ensembel aus der Knyphausen-Generation durchaus Kenner der Akustik-wertschätzenden Musikszene anzulocken vermag, konnten die drei Herren an diesem Abend nur von den vergangenen Konzerten berichten.

Eröffnet wurde der Abend von Christoph Kohlhöfer alias _pappmaché, der mit sauber-klarem Gitarrenpicking seine textfülligen Stimmungsbilder präsentierte. Durch geschickt eingeflochtene, live eingespielte Sequenzen aus der Loop-Station schafft er als Solist schöne, vielschichtige Gesangs- und Gitarrenlinien. Nach drei Liedern steigt Steffen Nibbe am Bass ein, auch bekannt als Frontmann der Kieler Band „Staring Girl“. Schließlich ergänzt Daantje am Keyboard! das Trio und sie spielen unter anderem einen Song, der nett groovt und sich bei mir schnell ohrwurmartig festbeißt –  Beschlagenen Scheiben: „Wir gehen dahin wo´s noch wehtut, und wo man Kanten kennt“.

Nach kurzer Pause folgt „Hauptact“ Daantje (aka Joachim Zimmermann):  Neben textlichen und instrumentellen Ähnlichkeiten zum Vorgänger ist sein Sound etwas rauher, krauser, so daß die Saiten schon mal scheppern dürfen. Auch gesanglich wird gerne Gas gegeben. Neben den bekannten Stücken „Nicht viel“, „Alles, was wir haben“, „Der Container“, „Wer du bist“, „Zum Tee zu Neerström“ (eigentlich ein Keyboardstück), „Herr Wisemann“, „Aus der Stadt“ (Cover von „die Bäume“) gibt es den neuen Song „Dein Lied“.

Das Publikum, bestehend aus Tresenpersonal, Mitgliedern einer englischen Band, wenigen Zufallsgästen und ein paar handverlesenen Fans, hat zumindest konzentriert zugehört und nach Kräften Beifall gespendet.

Abschließende Musiktips:

Daantje arbeitet derzeit an einem neuen Silberling, der bei Omaha-Records erscheinen wird. Zu seiner EP „aha“ an anderer Stelle -> mehr.

Das aktuelle Album von _pappmaché nennt sich „Im Gastraum des Sortimentsmanagers“ (Omaha-Records). Das sind filigrane Klänge, dominiert von der Akustikgitarre, fein gewürzt mit elektronischen Elementen, die das Spektrum Singer-Songwriter bis „Die Sterne“ abdecken. Gesanglich klar artikuliert, textlich kontemplativ, kehrt _pappmaché der Diktatur des Reims in seinen Betrachtungen über die Welt gerne mal den Rücken. Ein Album, dessen klare Klänge zielstrebig ins Ohr perlen wie windgetriebene Regentropfen über Autoscheiben. Sehr SCHÖÖN!

28
Sept
10

Schöftland @ Rubinrot Köln

Der Club-Name klingt flauschig-schwül, das Ambiente beim Betreten des Ladens mutet an wie die altmodische Dunkelkammer eines Fotolabors. Ein hot spot in Köln-Ehrenfeld sei das Rubinrot, belehrt man mich.  Die einladenden und überraschend hippen Sitzgarnituren im mittleren Teil des Clubs lassen kaum vermuten, was den Besucher im Hinterzimmer erwartet: ein Konzertraum, der eher wie eine für Bandproben leer geräumte Garage wirkt. Ein 30cm hohes Podest markiert die Bühne. Musiker überduchschnittlicher Körperlängen wie Phillip Süss oder Floh von Grünigen duschen förmlich unterm Licht der tiefhängenden, nervös blinkenden Scheinwerfer. Die Bühne bietet geringfügig mehr Platz als der vor der Tür geparkte Tourbus. (Oha, wispert die Skepsis).

Die Bühne ist bereits dicht bestückt mit Instrumenten, Mikroständern und Hockern, doch für eine Kiste Band-Bier findet sich auch noch ein Winkel. Nach dem die Getränkeversorgung sichergestellet wäre, beschließt Phillipp Süß als Trio in Begleitung des „Absoluten Gehirn“s dem Warten auf weitere Publikumsmassen ein Ende zu machen.

Phillip Süss an der Akustikgitarre haut seine Songs raus, als gäbe es kein Morgen. Seine stark rhythmusdominierte Begleitung in Form von Schlagzeug und E-Bass erschlagen dabei seine Stimme, die nicht immer ganz auf dem Ton sitzt. Leider geht auch viel von den guten Texten der Songs wie „Man soll sie feiern, wie sie fallen“, „Knietief im Sommer“ oder „Zu wahr um schön zu sein“ unter, die statt rauhbeinig eher lyrisch wirken könnten.  Den Auftritt bei 2.Schlaraffentag in Köln, wo Phillip als Duo in Begleitung mit Bratsche auftrat, war mir positiver in Erinnerung.

Eine Umbaupause brauchte es nicht, Schöftland ließen das überschaubare Publikum nicht lange warten. Floh von Grünigen macht keine langen Ansagen, eher die kürzest möglichen Pausen zwischen den Songs. Er erwähnt zu Beginn allenfalls schnell: „Wir sind Schöftland aus Bern“. Mit den ersten Takten steht der schlichte Raum plötzlich unter Spannung. Die Band treibt mit „Der Sturm“, „Dass ich schlief“, „Das Biest“ und „Der Schein trügt“ voran. Vom befürchteten Garagensound weit entfernt (Die Skepsis ist längst davongeschlichen). Es gibt keine Stimmpausen, die mit Anekdoten gefüllt werden müßten, kaum ist ein Song beendet, der Applaus noch nicht verklungen, geht es zum Teil nahtlos und sportlich über ins nächste Stück.  Der stetig wachsende Energielevel, den Floh für die ganze Band antreibt sinkt nicht mehr. Floh taucht ab in den Songs, ist sehr vertieft.  Der Funke Begeisterung ist längst auf die Zuhörer übergesprungen. Jedes Stück erntet begeisterten Applaus und Jubel. Jeder Ton, jeder Takt sitzt perfekt.  Der vielschichtigen Sound des Albums „Der Schein trügt“ wird live in bester Qualität auf die Bühne gebracht. Stefan Rolli schafft mit dezentem  Saxophon und Synthesizer Klangebenen, Sascha Mathys spielt excellent die Leadgitarre, Kaspar tauscht jazzigen Kontrabass und e-Bass , und Patrik Zosso (?) trommelt die teilweise gegenläufig und ungewöhlich synkopierten Rhythmen. Auch die älteren Stücke der EP „Nur Touristen“ füllen das Programm, weiterhin „Blaulicht“, „Kommst um zu gehen“, das wunderschöne „Komet“ und der Klassiker der Band: “ Bademeister“.

Natürlich dürfen die Jungs nicht einfach so gehn, das geht nicht! Und wo sollten sie auch hin – ohne  Backstageraum? Da hilft nur die Flucht zurück auf die Bühne und der Aufforderung „… nochmal von vorn!“ zumindest mit Zugaben zu begegnen. Ein fulminantes Highlight zum Abschluß bildet das Cover von „Sommertag“ aus der Feder des Freundes und Kollegen Gisbert zu Knyphausen. Mit „Liebesbrief“ und „Nur Touristen“ beenden die Berner das Konzert, denn „viel mehr können wir gar nicht spielen“ beteuert Floh bescheiden.

Aber bitte: Dieses Konzert hätte nicht 30 sondern 300 Zuhörer verdient. Was dem kleinen Publikum geboten wurde war Präzisonsarbeit einer perfekt zusammen gewachsenen Truppe auf höchstem Niveau.  Bis zum 01.Oktober sind die Schöftländer noch in Deutschland auf Tour.

Dringende Empfehlung: Muss man gehört haben!

Zeitlich passend zur Tour wurde auch gerade das neue Video zum Album-Titelsong „Der Schein trügt“ veröffentlicht.




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